Philip de Vos – vertaal deur/ übersetzt von Robert Schall
Karneval der Tiere
Originaltext: Philip de Vos – in Afrikaans –
(inspiriert von C. Saint-Saëns).
Illustrationen: Alle Tiere kommen mit
Radierungen von Grobler, Piet;
Übersetzung: und der de Vos’sche Karneval
ward übersetzt von Robert Schall.

Einleitung
Beim Karneval der Tiere liest
und hört der Mensch von manchem Biest:
Vom Känguru, das hüpft und springt,
vom Schwan, der still Gesänge singt;
vom Reptil, das vorwärts kreucht,
vom Huhn, das rennt
doch nicht entfleucht;
von Elephanten, Vögeln, Fischen,
Löwen, Eseln und dazwischen
auch vom grauenvollsten Biest,
dem eitlen, üblen Pianist.
Willkommen jetzt
bei ihrem Tanz,
zu Klängen von
Camille Saint-Saëns.
Löwen
Löwen lieben
Nasen.
Löwen lieben
Füße.
Löwen lieben
Fleisch, – denn
das schmeckt besser
als Gemüse.
Wenn ein Löwe
nach dir schielt,
tut er dieses
ganz gezielt.
Er tut es,
weil er hungrig ist.
Wohl dir, wenn er ‘nen andern frisst.
Hühner
Der Hahn jagt
seine Hennen,
wenn sich die Triebe regen.
Und den Hennen,
wenn sie rennen,
wächst der Drang ein Ei zu legen.
Der Hahn jagt seine Henne,
sie war nicht schnell genug … .
Jetzt steht er krähend
auf dem Mist –
und sie sitzt still
auf ihrer Brut.
Maultiere
Das Maultier
zeugt von
Kompromissen,
die Pferde
gern mit
Eseln schließen.
Halbwegs Esel
halbwegs Pferd –
ein Arbeitstier
von großem Wert:
Es geht, mit voller Pferdestärke,
wie Esel stur und zäh zu Werke.
Ja, es kann trotten, es kann traben –
nur Kinder kann es keine haben.
Einzig ist es unter Tieren
mit seinen Eselspferdmanieren.
Schildkröten
Schildkröten
können nicht singen.
Schildkröten
können nicht springen.
Sie schlur-
fen stumm
und stur
und nur
auf ihrer
schnur-
geraden
Spur.
Doch
jede Nacht,
ja,
jede Nacht,
dann träumen sie von Offenbach.
Im Traume dann haben sie endlich die Chance
zum Singen und Tanzen – am liebsten Can-Cans!
Elephanten
L…a…n…g…e…r Rüssel, kurzer Schwanz ~
und zwischendrin: Ein grauer Wanst … .
Hier steht vor dir ein ELEPHANT –
dein Marsch im Busch war schlecht geplant!
Er blickt von oben schräg herab,
dir winkt ein frühes, flaches Grab,
denn wenn das Tier Touristen satt hat,
macht es ‘nen Schritt,
und tritt
dich platt platt.
Kängurus
Das Känguru,
ein Beuteltier,
d
p e e
ü f j n a
h t T g
von Neun bis Vier.
(Auf Englisch heißt das: “Nine to four.”)
Im Beutel hängt der
Junior,
beschäftigt mit
Lappalien –
wie mancher in
Australien.
Aquarium
Fische schwimmen
Fische gleiten –
rundherum
für alle Zeiten.
Fische schwimmen
nur im Nassen –
brauchen sich drum nie zu waschen.
(Auch die Zähne putzen sie
sich äußerst selten, oder nie.)
Ich bleibe hier, die Fische da,
und niemals kommen wir uns nah.
Denn hier ist es trocken
und da ist es nass
und zwischen uns ist :
Die Wand aus Glas.
Esel
Ein Esel
ist meist staubig;
die Haut recht
grau-in-grau-lich.
Ein Esel
sagt nie
“Trallalla”,
wenn er was sagt,
sagt er:
I-
A.
Kuckuck
Ein Kuckuck lebt – nicht erst seit gestern –
in fremder Vögel Vogelnestern:
Ob beim Stieglitz
oder Strauß
ein Kuckuck fühlt sich
wie zu Haus.
Er fühlt sich wohl
in der Natur
doch wohler noch
in meiner Uhr:
Alles was noch lebt
erbebt
immer wenn die
Stunde schlägt.
“KUCKUCK, KUCKUCK”
Tag und Nacht,
ich werd um den
Verstand gebracht.
Gebt mir ein Messer, Gift, Pistolen … .
Ach, – soll ihn doch der KUCKUCK holen!
Vögel
Pieper, Hänfling, Zeisig, Pfau
– sogar der Specht und sein Radau –
Amsel, Ammer, Amarant,
alles zirpt und ziept
und zankt.
Jede Lerche,
jede Meise,
tiriliert auf ihre Weise.
Dompfaff,
Kardinal,
Fasan:
Jeder
stimmt sein
Liedchen
an!
Pianisten
Ungetier hält man im Zoo,
und Pianisten ebenso.
Denn Krokodile und Juristen,
Skorpione, Pianisten,
sind alle übel – doch gewiss
am schlimmsten ist
der Pianist.
Sie spielen wie die wilden Tiere
Flügel, Orgeln und Klaviere.
Ohne Lächeln, ohne Worte
hauen Finger die Akkorde:
do re mi fa so la ti.
So herrlich war es ja noch nie!
Zum guten Schluss noch zweimal “DO”
Dann ab mit ihm:
– zurück zum Zoo!
Fossilien
In Museen
und Gesteinen
liegen unsere
Gebeine.
Wo sind die Tage
da wir sangen,
flogen, spielten
oder sprangen?
Niemals wieder
wandern wir
im Land der Dinosaurier,
denn nun ist’s Zeit, dass sich der Saurus
zu Stein erstarrt auf ewig ausruht.
Rauhe Eiszeit, Schmerz und Not:
Wenn du tot bist, bist du tot!
Schwäne
Ein Schwan
treibt leis
von Luv
nach Lee,
auf seinem
stillen
Schwanensee.
Große Siege, Katastrophen,
Wagneropern, neue Moden,
Sonnenschein und
Ungewitter –
nichts hat je den
Schwan erschüttert.
Ruhig geht er
seinen Gang,
bis zum letzten Schwanensang.
Finale
Der Karneval geht nun zu Ende,
gerade, als man sich gewöhnte
an Kängurus, die ständig springen;
an Vöglein, die ihr Liedchen singen;
an Löwen, die zum Abendessen
vorzugsweise Menschen fressen.
Hühner, Esel, jedes Biest,
sogar der üble Pianist,
sie alle hatten ihre Chance
zum Auftritt – dank Camille Saint-Saëns.
(© vertaling: Robert Schall, 2011)